Cuchaule AOP, Königin der Fribourger Brotspezialitäten

  1. Zutaten und Rezept der Cuchaule AOP
  2. Cuchaule, kulinarisches Erbe mit Kult-Status
  3. Die Geschichte der Cuchaule
  4. Safran, für das gewisse Etwas 
  5. Saudan Fribourg, eine aussergewöhnliche Bäckerei
  6. Interview mit Gérald Saudan, Fribourger Cuchaule-Bäcker
  7. Cuchaule AOP, neu gedacht

Die Cuchaule ist ein feines Safranbrot und Teil des Kulinarischen Erbes des Kantons Freiburg/Fribourg. Im Mai 2018 wurde dem Gebäck als vierter Freiburger Spezialität das Qualitätssiegel AOP verliehen, dies nach den Käsesorten Gruyère AOP, Vacherin Fribourgeois AOP und der einheimischen Birnensorte Poire à Botzi AOP (Büschelibirne). Die Herkunftsbezeichnung AOP schützt diese Spezialitäten, respektive die seit Jahrhunderten kaum veränderten Rezepte.   

© Agence Parallèle

Zutaten und Rezept der Cuchaule AOP

Eine Cuchaule AOP darf nicht mehr wiegen als 1,1 Kilogramm. Die äussere Erscheinung ist ebenso wichtig: Sie hat eine runde, nur leicht abgeflachte Form und eine goldbraune Kruste mit rautenförmigen Einschnitten. Das luftig-feine, gelbe Gebäck zergeht am Gaumen und hinterlässt einen köstlich buttrigen Geschmack mit einem Hauch von Zucker und Safran.

Die Herkunftsbezeichnung AOP steht auch für die Rückverfolgbarkeit der Zutaten. Das Weizenmehl, die Milch, die Butter und die Eier müssen Freiburger Herkunft aufweisen. Zucker und Salz müssen Schweizerischen Ursprungs sein, während für den Safran keine Vorschriften betreffend Herkunft bestehen.  

Rezept für eine Fribourger Cuchaule AOP

  • 1 kg Weizenmehl
  • 5 dl Vollmilch
  • 100 g Butter
  • 1 gelb Eier
  • 120 g Zucker
  • 1 Teelöffel Kochsalz
  • 20 g Frische Hefe
  • 1 Prise Safran

Mehl, Salz, Zucker und Safran in einer grossen Schüssel mischen. Die aufgelöste Frischhefe beigeben. Die geschlagenen Eier, Butter, Milch, etwas Wasser und Rahm beifügen und alles zu einem weichen, geschmeidigen Teig kneten. Bei Zimmertemperatur und zugedeckt (sehr wichtig!) ca. 1,5 Stunden um das Doppelte gehen lassen.

Den Herd auf 200 Grad vorheizen. 

Den rund geformten Teig auf ein mit Backpapier belegtes Blech setzen und für die gewünschte goldbraune Farbe mit geschlagenem Ei bepinseln. Anschliessend schneidet man die Oberfläche mit einem scharfen Messer kreuzförmig ein und lässt das Ganze nochmals rund 15 Minuten aufgehen.

Backen: Ca. 25 Minuten in der unteren Hälfte des Ofens.

Quelle: Terroir Fribourg

© Boulangerie Saudan

Das Rezept als Video

Annick Jeanmairet, Chronistin des Westschweizer Fernsehens RTS, erklärt alles in ihrer Sendung «Les basiques de pique-assiette»! Hier ist der Link.

Cuchaule, kulinarisches Erbe mit Kult-Status

Traditionellerweise geniesst man die Cuchaule anlässlich der grossen Fribourger Bénichon- oder Kilbifeier. Zusammen mit dem Kilbisenf (Moutarde de Bénichon) ist sie die unverzichtbare Gaumenfreude als Auftakt des legendär währschaften Kilbi-Menus.

Kindheitserinnerung

Als kleines Mädchen erwartete ich den Herbst mit Ungeduld, denn dann bereitete meine Mutter endlich die Cuchaule und den Kilbisenf zu. So wollte es die Tradition. Ein süss-würziger Duft strömte aus der Küche und durchs Haus. Es war strikte verboten, dieses Safranbrot zu probieren, solange es nicht ganz ausgekühlt war, sprich vor dem nächsten Morgen. Auch wenn ich das Warten als Qual empfand, so steigerte es doch die Vorfreude auf dieses langersehnte Frühstück mit Cuchaule.

Frühmorgens am Küchentisch bestaunte ich dieses wunderbare Safranbrot, so schön rundlich, goldig, appetitanregend, bereit zum Probieren. Ich hatte jeweils die Ehre, die Cuchaule anzuschneiden. Die Butter hatte meine Mutter schon bereitgestellt, so dass sie perfekt weich war. Die erste Tranche – ich liebte sie recht dick geschnitten – zeigte das köstliche Gelb des Cuchaule-Inneren.

Mein Ritual bestand darin, den ersten Bissen jeweils ohne Butter zu geniessen. Als ob ich zu überprüfen hätte, dass die Cuchaule meiner persönlichen Vorliebe entsprach und perfekt luftig-weich war! Nach dieser geschmacklichen Qualitätskontrolle konnte ich dazu übergehen, meine Schnitte grosszügig mit Butter und Kilbisenf zu bestreichen.

Benichon-Senf © Terroir Fribourg

Diese köstliche Erinnerung teilen sich Generationen von Freiburgerinnen und Freiburger. Damit ist garantiert, dass das Wissen und Können rund um dieses Traditionsgebäck stets weitergegeben wird.

Heute verkaufen die meisten Fribourger Bäckereien das ganze Jahr hindurch Cuchaules AOP. Ihr müsst selbst herausfinden, welche Euch am besten schmeckt!

Die Geschichte der Cuchaule

«So wie Zimt und Nelken mit weihnächtlichen Gerüchen in Verbindung gebracht werden, so weckt der Duft einer Cuchaule die Erinnerungen an traditionelle Feste und frühere Kilbifeiern,» erklärt die Fribourger Historikerin Anne Philipona in ihrem Werk «Chantons, dansons, bénichonnons».

Man liest dort auch, dass die Cuchaule (cussiole) im Jahr 1558 erstmals erwähnt worden sei. Dies im Zusammenhang mit einem Schiedsspruch betreffend Salärforderungen eines Fournier (Arbeiter, der für das Brotbacken im Gemeinschaftsofen zuständig war) in Chavannes.

Weitere Hinweise auf die Cuchaule erscheinen in mehreren Texten des 19. und 20. Jahrhunderts, immer im Zusammenhang mit der Tradition der Kilbi (Bénichon).

Quellen: «Chantons, dansons, bénichonnons» Anne Philipona Romanens, Jean-Pierre Papaux, Editions La Sarine.

Safran, für das gewisse Etwas

Safran als Zutat dieses Gebäcks ist nur auf den ersten Blick erstaunlich, denn während der Renaissance blühte der Handel mit Gewürzen in ganz Europa. Nichtsdestotrotz, die erstmalige Verwendung von Safran für die Fribourger Cuchaule ist schwierig zu datieren. 

Zwar war dieses Gewürz, eines der teuersten weltweit, in den Schubladen gewisser Apotheker in Fribourg seit 1419 vorrätig. Aber dennoch ist es unwahrscheinlich, dass die Fribourger Bauern die Mittel hatten, dieses «Rote Gold» zu kaufen.

© Elise Heuberger / Terroir Fribourg

1947 weist «Mon livre de cuisine», das offizielle Haushaltslehrbuch des Kantons Fribourg, darauf hin, dass der Safran durch Zitrone ersetzt werden könne.

Das Kultivieren von Safran breitete sich einst von Kreta über den gesamten Mittleren Osten aus. Mittlerweilen gedeiht er auch in der Schweiz, sogar in Fribourg! Seine Ernte ist extrem delikat und aufwändig. Daher kann die für die Cuchaule-Produktion aus dem ganzen Kanton Fribourg stammende grosse Nachfrage noch nicht befriedigt werden.

Fabien Fragnière ist bislang der einzige Fribourger Produzent dieses exklusiven Gewürzes, welches auch «Rotes Gold» genannt wird. Den Safran-Krokus, oder Crocus Sativus (lateinisch), kennt man als fliederfarbene Blume. Ihre sechs Blütenblätter münden in die Blütenröhre. Darin entsteht jedes Jahr ein hellgelber Stempel, der sich am Ende in drei bis sechs rote Narbenästlein teilt. Dies sind die Safran-Fädchen, welche mit grösster Sorgfalt von Hand geerntet werden.

Nach sorgfältiger Trocknung wird der Safran leuchtend rot und zerbrechlich. 150’000 bis 200’000 Blüten werden benötigt, um ein Kilogramm Safran zu gewinnen. Auch deshalb ist eine Cuchaule AOP so speziell wertvoll!

Saudan Fribourg, eine aussergewöhnliche Bäckerei

Gérald und Margrit Saudan eröffneten ihre Bäckerei im Jahr 2006. Seither setzen sie sich unermüdlich für kulinarische Qualitätsprodukte ein, was in weiten Kreisen geschätzt wird. Das Savoir-Faire des Bäcker-Konditors und Confiseur-Glacier-Chocolatiers wird regelmässig von seinesgleichen ausgezeichnet.

So war Gérald Saudan Vize-Europameister der Bäcker im 2002 und mit der Schweizer Equipe Vierter an den Pâtisserie-Weltmeisterschaften im 2006. Im 2012 hat er zudem den Titel Swiss Bakery Trophy Champion erlangt.

Interview mit Gérald Saudan, Fribourger Bäcker

Erzählen Sie uns vom Geschmack der Cuchaule in Ihren Kindheitserinnerungen?

Das war der Geschmack des Herbstes, dieses feine Safranbrot gab es nur vor und während der Bénichon (Kilbi). Es war ein wahres Fest, den Kilbisenf zuzubereiten und auf den Moment der Kostprobe zu warten.

Heute ist die Cuchaule ganzjährig erhältlich, also nicht mehr nur rund um die Bénichon. Ist das gut für dieses kulinarische Erbe Fribourgs?

Ich mag es, wenn Produkte sehr saisonal gehalten werden. Wir produzieren die typischen Bénichon-Spezialitäten ausschliesslich von Mitte August bis Ende Oktober, danach für den Rest des Jahres nicht mehr. Die Cuchaule bildet da eine Ausnahme, ganz speziell seit sie das AOP-Label trägt.

Was bedeutet die Cuchaule für Sie?

Sie ist das Aushängeschild der Fribourger Bäckerei-Branche. Sie bietet sich zur starken Identifikation an, vergleichbar mit dem Greyerzer Doppelrahm für die Region La Gruyère.

Wie profitiert die Cuchaule vom AOP-Label?

AOP ist eine Anerkennung der Cuchaule als kulinarisches Erbe einzig und allein des Kantons Freiburg/Fribourg. Der Vorteil liegt also darin, dass Kopien unserer Cuchaule andernorts diesen Namen nicht verwenden dürfen.

Zudem steht AOP auch für die Rückverfolgbarkeit der verwendeten Rohstoffe. Man darf eine Cuchaule AOP also nicht mit importiertem Mehl, Butter oder Eiern herstellen. Die Zutaten müssen schweizerisch sein, die meisten sogar explizit freiburgischer Herkunft

Das AOP-Siegel schützt zudem die ganze Beschaffungskette. Man kauft also nicht einfach ein Produkt, welches im Kanton hergestellt wurde. Nein, man kauft vor allem Rohstoffe, welche voll und ganz aus einheimischer Produktion stammen.

Cuchaule … geniessen Sie diese zum Frühstück oder zum Zvieri?

Beides, und gerne jeden Tag!

Was halten Sie von neuen Rezepten, welche die Cuchaule AOP integrieren, zum Beispiel Burger oder Apéritif-Häppchen?

Das machen wir auch, und zwar mit einer salzigen Cuchaule-Version. Diese harmoniert wunderbar beispielsweise mit Wurst.

Verraten Sie uns einen Trick oder gar ein Geheimnis, mit dem die Cuchaule auch zuhause gut gelingt?

Erster Trick: Nach dem Mischen der Zutaten muss der Teig kräftig durchgeknetet werden, das gibt ihm Körper. Dann lässt man ihn in einem Gefäss ums Doppelte gehen, bevor man ihn zu einer Kugel formt. Diese erste Ruhezeit vor dem Formen gibt dem Teig die ganze Kraft für eine schöne Cuchaule.

Zweiter Trick: Ist der Teig aufgegangen, bestreicht man ihn mit Ei und stellt ihn für 30 Minuten in den Kühlschrank. Erst dann macht man die Einschnitte vor dem Backen. Die Oberfläche des Gebäcks wird sehr viel einfacher zum Schneiden sein.  

Was sagen Sie zu Safran aus Fribourg?

Das ist eine super Idee, wir stehen auch im Kontakt mit dem Produzenten. Leider wird die verfügbare Menge niemals genügen für all die im Kanton Fribourg hergestellten Cuchaules. Allein in unseren Backstuben brauchen wir jedes Jahr 2,5 Kilogramm Safran!

Welchen Arbeitsschritt der Cuchaule-Zubereitung lieben Sie besonders?

Das Formen der Kugel! Man spürt, wie der Teig lebt. Und schon in diesem Moment weiss man, ob die Cuchaule einfach gut sein wird … oder wunderbar.

Cuchaule AOP, neu gedacht

Pierrot Ayer, Chef des renommierten Gourmet-Restaurants Le Pérolles in Fribourg wagt einen innovativen Vorschlag mit einer Mini-Cuchaule: Mini-Hamburger de Cuchaule au foie gras (Gänseleber), Vacherin Fribourgeois AOP und Vin Cuit.

Das Rezept verbindet mehrere Terroir-Fribourg-Produkte, so etwa auch das Kompott aus Büscheli-Birnen (Poire à Botzi AOP), welches die    Gäste sicher nicht unbeeindruckt lassen wird.

Valérie Véron, leidenschaftliche Expertin für Geschmack und geschmackvolle Produkte, teilt ihre Vision von einem Burger mit Safranbrot, dem Mac’cuchaule!

  • Eine kleine Cuchaule AOP
  • Eine Mischung von Senf nach persönlichem Geschmack, darunter eine gute Dosis Kilbisenf
  • Marinierte rote Zwiebeln
  • Schinken aus dem Bauernkamin (Jambon de la Borne AOP) oder für eine fleischlose Variante eine Tranche geräucherten Tofu (swissoja)
  • Ein oder zwei Blätter knackigen Kohl aus dem Garten (roh, gekocht oder getrocknet)
  • Ein paar essbare Pflanzen der Umgebung

Eine Degustation in der eigenen Küche wert ist auch der Bénichon-Burger. Das Rezept ist eine weitere Trouvaille, die – sofern das noch nötig ist – das kulinarische Potenzial der Cuchaule des Kantons Fribourg unter Beweis stellt. Und das ist noch lange nicht das letzte Kapitel dieser feinen Safranbrot-Spezialität!

Zahlreiche Restaurants der Region setzen die Cuchaule AOP kreativ und mutig in Szene. Bon Appétit, guten Appetit!

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